Bedeutender Elfenbein-Kabinettschrank

Melchior Baumgartner, Elfenbein-Kabinettschrank, Kunsthandel Mühlbauer

Bedeutender Elfenbein-Kabinettschrank

Bedeutender Elfenbein-Kabinettschrank

aus der Werkstatt des Melchior Baumgartner (1621 – 1686)

Augsburg, um 1650/60.
Eiche und Nadelholz furniert mit Olive, Ebenholz,
 Elfenbein, Palisander.
Vergoldete Bronzebeschläge.

Maße 83,5 × 82 × 43 cm

Provenienz
  • Sammlung Jean-Jahnssons, Stockholm bis 1933.
  • Privatsammlung, Schweden.
  • Versteigerung Auktionshaus Nagel Stuttgart, 16. Februar 2012.
Expertise

Dr. Dieter Alfter, Autor des Buches: „Die Geschichte des Augsburger Kabinettschranks“, Augsburg, 1986.

weitere Abbildungen

Beschreibung Elfenbein-Kabinettschrank

Schon aufgrund der Größe des Elfenbein-Kabinettschrankes handelt es sich wohl um einen höfischen Auftrag, der noch ganz in der Tradition der Kunstkammer-Möbel der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert steht.

Das Kabinett ist zweitürig und vollflächig mit Elfenbein furniert, die Beschläge und Handhaben aus Messing und Bronze, fein ziseliert und vergoldet.

Die drei Schauseiten sind dekoriert mit polychromer Malerei, welche zwischen vergoldetem Wellenleisten-Dekor die Allegorie der Vier Jahreszeiten zeigt.

Beim Öffnen offenbaren sich dem Betrachter in klassischer Architektursprache zwölf Schubladen mit vergoldeten Beschlägen um ein zentrales, verspiegeltes Tür-Fach, in dem sich hinter zwei herausnehmbaren, intarsierten Platten, zahlreiche kleine Geheimschübe verbergen.

Die Rückseite des Elfenbein-Kabinettschranks bildet ein geometrisches Sternmotiv aus Palisander, Ebenholz und Elfenbein.

Das Deckelfach mit abklappbarer Front und einem integrierten, oktogonalen Spiegel ist ebenfalls aufwändig mit den Vier Elementen, Wasser, Luft, Erde und Feuer bemalt, die zudem eingebettet sind in die beiden Sinnbilder der Tag- und Nachtzeit.

Die Malerei mit ihren figürlichen Bildmotiven und der florale Dekor, welcher sich vom Sockel bis hinauf zum Aufsatz zieht, stammt wohl aus der Werkstatt des Melchior Küsel, der bei Merian in Frankfurt gelernt hat.

Es ist anzunehmen, dass der mit seinem auf Natur bezogenen Bildprogramm verzierte Kabinettschrank als Kunstkammer-Möbel zur Unterbringung einer naturkundlichen Sammlung diente. Alle Details, ob in der Konstruktion der Schubladen, der Art, wie die Geheimfächer versteckt sind, sowie auch in den vergoldeten Beschlägen und Handhaben (exakt dieselben finden sich wieder an einem Augsburger Kabinett im Metropolitan Museum New York und im Bayerischen Nationalmuseum München) sind alle von höchster technischer Fertigkeit und unverkennbare Handwerkselemente der Reichsstadt Augsburg, welche im 17. Jahrhundert für die Kunden des europäischen Hochadels ein Warenhaus des Luxus war.